In diesem Wintersemester bin ich in das Lehrprojekt Ökonometrie 1 involviert. Die darin gesammelten Erfahrungen werden nach dem Ende des Semesters in einem eigenen Projektbericht festgehalten. An dieser Stelle möchte ich jedoch bereits ein aktuelles Blitzlicht auf die hybride Lehre im Rahmen dieses Projektes setzen. Dabei soll es um subjektive Erfahrungen, Tipps und eine teilweise Einordnung in den allgemeinen Kontext der hybriden Lehrpraxis in Gegenwart und naher Vergangenheit gehen.

Use it or lose it

Nach Erfahrung in eigener Lehre, Workshops und unzähligen Zoom-Meetings passiert mir was in meiner ersten Sitzung: ? Ja, richtig, ich habe vergessen, das Mikro in Zoom anzustellen und wurde auf diesen Umstand von den Zoomies nach 1-2 Minuten sowohl im Chat als auch per Wortmeldung über die Lautsprecher hingewiesen. Super unangenehm, super peinlich. Aber das passiert. Immerhin hatte ich das Audio-Setup vorab in alle Richtungen getestet. Aber wenn man es nicht einschaltet, hilft das nichts. Weiteres „Goldstück“: In einer Lehrveranstaltung war ein Kollege von mir in Zoom mit dabei. Dieser Kollege ist Host des Meetings und hatte im Verlauf der Einheit einen Breakout-Room aufgemacht. Ich meinerseits benötigte dann einen weiteren Breakout-Room, um mit einer Gruppe etwas zu klären. Im Eifer des Gefechts habe ich den Button „Raum hinzufügen“ schlicht überlesen, oder er war bei mir als Co-Host nicht verfügbar. Wir haben das innerhalb von 30 Sekunden koordiniert bekommen, es war aber Flexibilität gefragt. Warum ich mich vor ihnen hier so ausziehe? Einerseits hoffe ich, dass Sie aus diesen Fehlern lernen, andererseits: Use it or lose it. Über den Flurfunk der Lehre vernimmt man, dass in diesem Winter viele Lehrende, die in den vorherigen Semestern Erfahrungen mit hybrider Lehre gesammelt haben, im Wintersemester 22/23 keine hybride Veranstaltung anbieten. Zumindest mir geht es so, dass ich Dinge regelmäßig anwenden muss, um im Gebrauch sicher zu sein. Wenn Sie nach mehreren Monaten oder gar Semestern wieder einmal etwas hybrid durchführen möchten, ist es empfehlenswert, dies vorher noch einmal detailliert durchzugehen und zu erproben. Dazu gibt es mancherorts gute Hilfestellungen. Gunda Mohr vom HUL hat zum Beispiel tolles Material quasi als „one stop shop“ zur synchron hybriden Lehre entwickelt und zusammengetragen. Dieses finden Sie hier. Ebenso finden Sie hier, hier und hier weitere interessante Materialien dazu. Wenden Sie sich bei konkreten Fragen auch gerne an unsere Support-Mail.

Ein weiterer Tipp ist es im Rahmen von hybriden Lehrveranstaltungen noch mehr auf Planung und Struktur zu setzen. Insbesondere in eher diskursiven Settings müssen Sie ihre Aufmerksamkeit auf mehr Quellen verteilen als in reinen Präsenzveranstaltungen. Dadurch verliert man schneller den Fokus. Auch Studierenden geht dies so und diese merken auch, wenn der rote Faden anfängt, etwas Spiel zu bekommen. Planen Sie daher den Ablauf vorher gut durch und seien Sie klar in der Kommunikation. Sprechen Sie einzelne (Gruppen von) Studierende(n) klar an. Richten Sie eine Frage zum Beispiel ausdrücklich an alle Zoomies. Wenn Sie Fragen stellen, stellen Sie nur eine auf einmal und formulieren Sie diese eindeutig und verständlich. Hybride Lehre macht mehr Arbeit als reine Präsenzlehre, überfordern Sie sich nicht!

Und die Studierenden?

Die nehmen das hybride Angebot gerne an. Seit Beginn des Wintersemesters sowie nahezu unabhängig von Veranstaltungsformat (Vorlesung oder Übung) und Lehrperson sind ca. 50% als Zoomies dabei. Dabei wechselt es bunt durch, wer an welchem Termin am Veranstaltungsort ist und wer rein digital dabei ist. Dies betrifft auch die unterschiedlichen Typen an Studierenden: für diese Veranstaltung kann ich keinesfalls sagen, dass die Studierenden, die sich eher mehr beteiligen stets physisch vor Ort dabei sind. Meiner Einschätzung nach dürfte der Hauptfaktor dafür klar die größere Flexibilität in der Tagesplanung sein. Schwarze Kacheln sind definitiv noch am Start, jedoch haben sich die Studierenden gut an hybride Lehre gewöhnt und machen vor Ort Mikro und Lautsprecher aus und beteiligen sich als Zoomie per Chat oder Stimme/Lautsprecher strukturiert.

Was allerdings auffällt: die Heterogenität bezüglich der digital literacy ist groß. Dies betrifft zum Beispiel die Selbstverständlichkeit und somit Geschwindigkeit, mit der die Bedienung von Apps verstanden wird, wie gut technische Begriffe wie „Server“ oder „grafische Benutzeroberfläche“ bekannt sind und in einen Sinnzusammenhang gebracht werden können, wie viele Berührungsängste bestehen, wenn eine App ungewohnt aussieht oder man es z.B. im Rahmen einer Installation mit einer Fehlermeldung zu tun hat und so weiter. Dieses Thema wird in Forschung und dem öffentlichen Diskurs unter „Digital Divide“ besprochen, z.B. hier. Ich halte das bereits jetzt für etwas, was auch im reichen Deutschland mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte und was man versuchen sollte zu bearbeiten, beispielsweise durch entsprechende Grundlagenkurse in der Studieneingangsphase, um hier Ungleichheiten abzubauen.

Vorherige Ortsbegehung

Sehen Sie sich den Ort der Lehrveranstaltung unbedingt vorher an. Testen Sie vor Ort einmal die Technik, die Sie einsetzen möchten. Machen Sie dies, auch wenn Sie meinen den Ort zu kennen, da in den Räumen regelmäßig technische Veränderungen vorgenommen werden. Irgendwas ist immer. Überlegen Sie sich vorab einen Plan B, wenn etwas schief geht oder legen Sie sich Ansprechpartner:innen für technische ad hoc Hilferufe zurecht (im fünften Stock in VMP 9 bei den PC Pools gibt es z.B. noch RRZ Mitarbeitende, die vor Ort sind). Ich finde diese praxiserprobte Checkliste sehr hilfreich und nutze sie selbst. Hier gelangen Sie zum uniweiten E-Learning-Portal Support, unter dem Sie Support passend zu ihrem jeweiligen Standort und Bedarf anfragen können.

Binden Sie andere mit ein

Hybride Lehre kann echte didaktische Vorteile haben, wenn andere Expert:innen digital eingebunden werden können, die sonst nicht dabei sein könnten. Dies habe ich mit einer anderen Lehrperson erleben dürfen. Wir haben in Abschnitten hybrides Co-Teaching gemacht, was gut funktioniert hat. So kann man sich gegenseitig als Sidekicks aushelfen die Stimme schonen, ein Auge auf den Chat haben und die Studierenden generell enger betreuen.

Empfehlenswert ist auch, Studierende aktiv in die Gestaltung der hybriden Lehre miteinzubeziehen. Regelmäßig stellt sich im Kontakt mit den Studierenden heraus, ob es Studierende gibt, die fachlich besonders interessiert sind und vielleicht auch in der Lage und motiviert dazu sind, kleinere Aufgaben in den Lehrveranstaltungen zu übernehmen. Dies kann z.B. die Moderation des Chats sein oder das Teilen von Expertenwissen, wenn es z.B. um den Aufbau und die Tastaturbelegung eines Apple MacBooks geht. Wichtig finde ich es, den Studierenden es offenzustellen, ob sie kleinere Aufgaben dieser Art in Lehrveranstaltungen übernehmen wollen. Auch diese Studierenden müssen angeleitet werden und dürfen nicht das Gefühl von Überforderung bekommen.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß in der Lehre!